Schreiben an die Bundestagsabgeordneten

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21.04.2020 Am 31. März 2020 haben wir die Bundestagsabgeordneten aus den Karlsruher Wahlkreisen bezüglich Verbesserungen bei den Kurzarbeiterregelungen kontaktiert.

Nach Frau Kotting-Uhl von den Grünen, hat uns nun auch eine Antwort von Ingo Wellenreuther CDU - Karlsruhe erreicht. Wir dokumentieren auch dieses Schreiben.

Schreiben von Ingo Wellenreuther:

Sehr geehrter Herr Schmidtke,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 31. März 2020, in dem Sie auf die Einkommenseinbußen von Beschäftigten in kurzarbeitenden Betrieben hinweisen. In diesem Zusammenhang fordern Sie zugleich die Weitergabe des Arbeitnehmeranteils der Sozialversicherungsbeiträge, die seit dem 1. März 2020 Arbeitgeber befristet - vorerst bis zum 31. Dezember 2020 - vollständig von der Bundesagentur für Arbeit erstattet bekommen können.

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf die Einführung von Kurzarbeit bzw. den Bezug von Kurzarbeitergeld haben. Zudem besteht für Arbeitgeber keine Verpflichtung, Kurzarbeit bei Auftragsrückgängen und damit verbundenen Arbeitsausfällen einzuführen. Die Einführung von Kurzarbeit erfolgt auf freiwilliger, konsensualer Basis. Kurzarbeit kann also nur im Einvernehmen zwischen den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern bzw. deren Betriebsvertretungen eingeführt werden.

Die Einführung der Kurzarbeit und damit der Bezug von Kurzarbeitergeld ist dreiseitig interessenbasiert:

1. Arbeitnehmer sind mit dem Bezug von Kurzarbeitergeld und den damit verbundenen Einkommenseinbußen einverstanden, damit sie nicht arbeitslos werden.

2. Arbeitgeber sind während des Kurzarbeitergeldbezugs bereit, 100 Prozent der sonst hälftigen Sozialversicherungsbeiträge zu übernehmen, um ihr Fachpersonal - ihr betriebliches Know-how - im Betrieb zu halten. Darüber hinaus trägt er weitere Kosten, wie bezahlten Urlaub, betriebliche Altersvorsorge, 13. Monatsentgelt/Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und andere tarifliche Leistungen.

3. Die Bundesagentur für Arbeit zahlt das Kurzarbeitergeld, damit die vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmer nicht gekündigt und arbeitslos werden.

Dieses ausgewogene dreiseitige Interessensverhältnis garantiert verantwortungsvolles, sozialpolitisches Verhalten aller von Kurzarbeit Betroffenen.

Durch die Corona-Krise haben sich jedoch die wirtschaftlichen Verhältnisse schlagartig verändert: Aufträge fallen weg, Lieferketten sind unterbrochen und Umsätze brechen ein. Ohne die schnelle Einführung von Kurzarbeit droht den betroffenen Arbeitnehmern Arbeitslosigkeit. Um Massenarbeitslosigkeit - wie sie sich derzeit in den USA abzeichnet (3,2 Mio. Anträge auf Arbeitslosenhilfe in einer Woche) - zu verhindern, hat die Regierungskoalition in einem parlamentarischen Eilverfahren der Bundesregierung eine Verordnungsermächtigung an die Hand gegeben, die es der Bundesagentur für Arbeit vom 1. März bis vorerst zum 31. Dezember 2020 ermöglicht, Arbeitgebern die von ihnen während des Kurzarbeitergeldbezuges allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten.

Warum hat der Gesetzgeber so gehandelt: Es geht hier nicht um die Rettung von Arbeitgebern. Es geht hier vielmehr um die Sicherung von Arbeitsplätzen. Die den Arbeitgebern gezahlten Sozialversicherungsbeiträge werden von den Arbeitgebern direkt an die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung weitergeleitet, damit die Kurzarbeiter weiterhin voll sozialversichert bleiben. Hätten wir nicht so schnell und entschieden gehandelt, hätte es passieren können, dass Arbeitgeber massenhaft die Einführung von Kurzarbeitergeld verweigern. Dies hätte in Deutschland zu ungeahnter Massenarbeitslosigkeit geführt. Das wollen wir nicht!

Aufgrund des schlagartigen Umsatzausfalls ist uns besonders wichtig, die Liquidität der Unternehmen zu erhalten, um Arbeitsplätze zu sichern. Hätten wir diesen Liquiditätsschutzschirm für Unternehmen nicht gespannt, wären jetzt viele Beschäftigte arbeitslos. Vor allem die Betriebe, die ihren Geschäftsbetrieb jetzt sogar vollständig einstellen mussten, haben keine Einnahmen, aber neben den auch für die kurzarbeitende Belegschaft fortbestehenden Kosten zum Teil hochlaufende Fixkosten.

Wir wollen Arbeitsplätze sichern und die Liquidität der Unternehmen erhalten. Nur so legen wir die Grundlage dafür, dass die Unternehmen mit ihren Beschäftigten nach Bewältigung der COVID-19-Krise wieder durchstarten können.

Unabhängig davon haben wir - zur Abmilderung der Einkommenseinbußen während des Bezugs von Kurzarbeitergeld - mit dem am 25. März 2020 beschlossenen Sozialschutz-Paket großzügige Hinzuverdienstmöglichkeiten während der Kurzarbeit zugelassen. Damit verfolgen wir eine Doppelstrategie: Kurzarbeiter können künftig ihre Einkommenseinbußen bis zur Höhe ihres individuellen bisherigen Nettoentgelts kompensieren, in dem sie eine Beschäftigung in systemrelevanten Bereichen, u.a. in der Landwirtschaft aufnehmen. Dadurch wird der Arbeitskräftemangel in den systemrelevanten Bereichen, wie der Lebensmittelindustrie oder Landwirtschaft, aufgefangen. Das ist wichtig! Wir können so aus eigener Kraft mögliche Ernteausfälle in der Landwirtschaft, die sich wegen fehlender Erntehelfer abzeichnen, vermeiden und die Lebensmittelversorgung in Deutschland eigenverantwortlich sicherstellen.

Wir leben in schwierigen Zeiten und müssen jetzt zusammenhalten. Übergreifende Solidarität ist das Gebot der Stunde. Lassen Sie uns gemeinsam diese Krise bewältigen und gestärkt daraus hervorgehen.

Mit freundlichen Grüßen
Ingo Wellenreuther

Letzte Änderung: 21.04.2020