Belastende Studienbedingungen
Karlsruhe (19.11.2010) Wachsender Druck und schlechte Studienbedingungen führen nach Einschätzung des Hochschulinformationsbüros der IG Metall Karlsruhe bei immer mehr Studierenden zu Dauerstress und gesundheitlichen
Belastungen. Durch die Bestrebungen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sich an die Spitze der Hochschulen emporzuarbeiten, erhöht sich der Druck auf die Studierenden noch weiter.
Verena Müller, Leiterin des Hochschulbüros, sieht ein Bündel unterschiedlicher Faktoren als Ursache für die belastenden Studienbedingungen. Durch die Umstellung auf das Bachelor-Master-System haben Studierende einen
größeren Stoff in kürzerer Zeit zu bewältigen. "Dabei sind aber die Hörsäle oft weiter überfüllt, die Stundenpläne meist viel zu überfrachtet und es gibt zu wenig Betreuungspersonal",
kritisiert Müller. "Die angeblichen Reformen der letzten Jahre haben zwar die Ansprüche nach oben geschraubt, die Rahmenbedingungen aber weiter verschlechtert." Die bislang ungeklärte Wertigkeit eines Bachelorabschlusses,
sowie die Sorge keinen Masterplatz ergattern zu können erhöhen Konkurrenz und Unsicherheiten unter den Studierenden. Gleichzeitig müssen viele Studentinnen und Studenten mehr arbeiten, um sich das Studium überhaupt
finanzieren zu können. "Doch gerade für Bachelorstudierende ist Jobben selbst in den Semesterferien nahezu unmöglich, da das geforderte Leistungspensum im Studium sehr hoch ist", sagt die IG Metall-Beauftragte. Wer dann
sein Studium zielstrebig und erfolgreich absolviert hat, landet immer häufiger in befristeten Beschäftigungsverhältnissen, Leiharbeit oder hangelt sich von einem schlecht- oder gar unbezahlten Praktikum zum nächsten.
"Die Studierenden haben zunehmend das Gefühl, sich gar keine Zeit für andere Dinge mehr nehmen zu dürfen", fasst Müller die Eindrücke aus ihrer Hochschul- und Beratungstätigkeit zusammen. "Viele glauben
sogar, nur wer richtig Stress hat, kann beruflich erfolgreich sein. Das kann nur in Erschöpfung enden."
In Karlsruhe verschärft auch noch das "Elite-Siegel" beim KIT die Situation. "Jeder soll hier besonders gut sein. Das bekommen die Studierenden natürlich zu spüren, die den hohen Erwartungen auch gerecht werden wollen. Das
belastet zusätzlich", erklärt Müller.
Die IG Metall setzt sich für eine nachhaltige Reform der "Hochschulreformen" der vergangenen Jahre ein und bietet Studierenden eine Anlaufstelle. "Wenn die junge Generation nicht bereits vor dem Berufseintritt gesundheitlich
belastet sein soll, muss dringend gehandelt werden", fordert der 1. Be-vollmächtigte der Verwaltungsstelle Karlsruhe, Angel Stürmlinger. "Die Be-lastungen durch das Jobben müssen in den Studienplänen
berücksichtigt sowie das BAföG weiter ausgebaut und elternunabhängig werden." Die Studierenden brauchen Ansprechpartner, die qualifiziertes Feedback über die erbrachten Leistungen geben können, damit sich eine
gesunde Selbsteinschätzung entwi-ckeln kann, die für das spätere Berufsleben unabdingbar ist. Dafür müssen mehr Möglichkeiten für Lerngruppen, Austausch und Unterstützung geschaffen werden.
Studiengebühren müssen wieder abgeschafft werden. "Bund und Länder haben für eine ausreichende Finanzierung der Hochschulen zu sorgen", betont Stürmlinger. Den Gesetzgeber sieht er auch bei der Schaffung besserer
Bedin-gungen für Praktika am Zug: "Wir brauchen unbedingt gesetzliche Regelungen, damit Praktika fair entlohnt und richtig betreut werden."
Das Hochschulinformationsbüro der IG Metall bietet Beratung und Veranstal-tungen rund um Studium, Job, Hochschulpolitik, BAföG, Stipendien und Be-rufseinstieg. Weitere Informationen für Studierende sowie Absolventinnen und
Absolventen gibt die IG Metall im Internet unter folgendem Link.
Letzte Änderung: 29.11.2010